vier monate ohne horizont

… dafür Berge, Schnee, Skifahren und zum Glück Sonne. Naja, in Zürich ist wie immer Hochnebel und eine graue Suppe hängt über dem See, aber über 1200 Meter über Meer ist die Schweizer Welt dieses Jahr schneeweiss und meistens auch strahlendblau. Nicht schlecht, aber doch was anderes. Denn der Horizont ist verschwunden. Wie es sich ohne Horizont so lebt? Eher mässig, irgendwie recht mässig. Als Ausgleich schwelgen wir mit der BunaLuna und der Jolene in Erinnerungen und durften inzwischen auch zukünftige Schweizer Blauwassersegler mit Erfahrungen und Tipps versorgen. Aber schreiben wollen wir irgendwie noch mal – als Abschiedsblog, zum Revuepassieren und ein bisschen Fazit. Das ist übrigens nun der 92.! 18 davon haben wir vom Atlantik gepostet.

Viele fragen uns, wo es am Schönsten war oder was uns am besten gefallen hat. Es ist gar nicht so einfach darauf spontan zu antworten. Dieses Reisejahr ging so unglaublich schnell vorbei, die Wochen auf See und die Monate an Land sind regelrecht verflogen und wir können das Erlebte und Gesehene gar nicht so recht verarbeiten. Wir sind am Sortieren unserer unglaublich vielen Fotos und die bestätigen uns jetzt: Unser Herz schlägt für die galizische Küste mit ihren Rias (GALICIA) und die vielseitigen ILHAS DOS AÇORES. Auch die raue und kulinarisch wundervolle BRETAGNE hat uns beglückt und wird uns sicher noch mal anziehen. An die vier Wochen auf den BVIs und den Spanish Virgin Islands (SVIs) denken wir wirklich häufig zurück. Liegt wohl an der tollen Segelflotte mit der wir unterwegs waren, dem letztjährig ruhigen Passatwind im März/April und den daher wunderschön ruhigen, glasklaren Ankerplätzen. Aber als allerschönste Insel bleibt uns DOMINICA in Erinnerung mit den freundlichsten aller Kariben, den buntesten Häusern, dem grünsten Regenwald, den kältesten Süsswasserfällen, dem leckersten Kubuli und unserer anstrengendsten Wanderung! Ausser der Traumstrand schlecht hin… der befindet sich auf Virgin Gorda an der VALLEY TRUNK BAY. Und der war wohl so schön, weil wir ihn vom Schiff aus schwimmend eroberten und ihn tatsächlich ganz für uns alleine hatten. Ein bisschen kann da aber auch die SUN BAY auf Vieques mithalten – in der Bucht lagen wir einfach eine Woche fast ganz allein vor Anker und hingen tatsächlich mal in den SEILEN.

Wir haben 13 Länder bereist, 38 Inseln besucht und lagen in 42 unterschiedlichen Marinas. Sind (nur?) 32 Ankermanöver gefahren, mussten 14 mal offiziell mit Zoll und Immigration ein- und somit auch wieder ausklarieren und haben insgesamt 12`779 nautische Seemeilen im Kielwasser, davon 8`439.5 unter Segeln.

Und wie war das Segeln zu zweit auf den längeren Passagen? Wir haben jedes Manöver auf unseren insgesamt 91 Nachtfahrten auf See immer gut vorbereitet und alles zusammen ausgeführt. Auch wenn sich der eine gerade in der Tiefschlafphase befand, wurde geweckt. Geschlafen haben wir dann gegen Ende der Reise, so lange bis der andere müde war. Das hat sich nach den vielen Überfahrten ganz gut eingespielt und wir sind jeder auf unsere drei bis fünf Stunden am Stück gekommen… und an diesen Rhythmus gewöhnt man sich erstaunlich schnell. Nach drei, vier Tagen ist man drin – Aufstehen, Kochen, Reffen oder auch nicht, Lesen, Angeln, Wetterdaten holen, Blog schreiben, Musikhören, Piet einstellen und den Kurs korrigieren, schlafen, 20-Minuten-Wecker nicht vergessen, für den der Wache hat. Immer schön abwechselnd, aber das tagsüber auch gerne mal zu zweit ;) Sonst sieht man sich ja kaum.

Eingespielt haben wir uns auch beim Anlegen – das behaupten wir zumindest mal. Ob längsseits mit oder ohne Schwimmsteg, mit Heckmooringleine, vorwärts in der nordischen Pollerbox, an der Mooringboje, im Päckchen und vor Anker – wir sind inzwischen ein gutes Team und sind keine Manöver mit anschliessenden Schäden gefahren. Ausser Christian möchte nach bereits zwei friedlich verbrachten Tagen im Hafen von Santa Cruz de Teneriffe unser Schiff „noch“ besser vertauen. Da tuschieren wir dann mit dem Bug mal kurz den Steg. Zum Glück nichts Schlimmes passiert.

A propos Schäden! Ja, wir hatten grössere Schäden, mit denen wir nicht gerechnet haben. Die Führungsschiene des Vorsegels, das Ladegerät und der Wärmetauscher vom Motor waren zwar ersetzbar, aber teuer. sveas sonstigen kleinen Makel und Mängel sind nach über einem Jahr Auf-Ihr-Leben dafür zur Freude aller repariert. Sie ist erst recht jetzt ein hochseetaugliches Schiff, auf das wir für einen solchen Trip nicht verzichten würden.

Und die berüchtigten Motorprobleme? Aus Angst, dass unser 24 Jahre junger Volvo Penta-Treckermotor vielleicht an Ölmangel leiden könnte, haben wir entsprechend gebunkert. Viel zu viel! Es sind sicher jetzt noch drei mal fünf Liter Kanister in der Backskiste und das nach diversen Ölwechseln unterwegs… und er tuckert immer weiter so vor sich hin.

Reichen 36 Füsse zum Leben auf dem Wasser? Definitiv ja. Obwohl dazu eins zu sagen ist. Wir haben viel zu viele Klamotten mitgenommen. Als wir nach unserer Rückkehr betrachtet haben, was da alles so aus unseren Reisetaschen kam, mussten wir zugeben; Wir haben nur ansatzweise 1/3 davon angezogen. Less is more – man zieht in der Hitze eh immer die gleichen Shirts an und schmeisst sie am Ende vollkommen ausgeblichen in den Müll. Auch Bücher waren zu viele an Bord – Segelliteratur ist das eine, aber Romane? Wir haben mit anderen Schiffen Bücher, Filme und Ebooks getauscht und in der Marina gibt’s fast immer ein Büchertauschregal.

Dosenfrass und Fertiggerichte? Das Thema haben wir mit vielen anderen Schiffen diskutiert. Heute gerade habe ich aus einer der letzten Kichererbsen feines Hummus gemacht. Die Dose hat wohl zwei Mal den Atlantik überquert und ich konnte mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen. Doch eine Dose Chili bei 30 Knoten Wind und vier Meter Welle aufmachen? Theoretisch eine gute Idee, praktisch kam es nicht zur Ausführung :) Denn eines ist sicher: Fertighackbällchen oder ähnliche gruselige Dinge – übrigens auf Teneriffa gekauft –  sind definitiv, in keinster Form und wirklich absolut nicht zu empfehlen. Fragt sonst mal gerne BunaLuna danach.

Auf Teneriffa bestellten wir noch ein letztes Mal bei einem deutschen Versandhändler diverse Ersatzteile für unsere Zeit in der Karibik, unter anderem einen Wasservorfilter zum Tanken von Trinkwasser. Nie benötigt! Und auch unsere selbstgebaute Innensicherung unseres Schotts im Niedergang hat nie ihren Lagerort unter der Matratze im Salon verlassen. Gut, dass wir etwas gehabt hätten, um uns im Innern der svea verbarrikadieren zu können, doch wir haben uns auf der gesamten Reise wirklich  nie unsicher gefühlt.

Das Verrückteste ist eigentlich, dass wir einfach einen Winter aussetzen durften. Wir haben erst nach zehn Monaten in südlichen Gefilden wieder Langärmelig getragen und insgesamt nur unglaubliche drei Tuben Sonnencreme verbraucht. Der gekaufte Vorrat für die Karibik steht nun hübsch aufgereiht im Badezimmer und wartet… auf den Schweizer Hochsommer vielleicht.

Können wir uns vorstellen wieder auf eine Seereise zu gehen? Die Antwort ist eindeutig. JA!

Und was jetzt? svea schläft ihren Winterschlaf, freut sich aber schon auf ihre Einwasserung. Wir wollen diesen Sommer doch noch mal los. Ihre Heimat ist das Ziel und wir melden uns hoffentlich dann aus Schweden. AHOI.

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