Aufstehen! Wir sollten ablegen!
Wir haben Tiden- und Strömungsvorhersagen studiert, geprüft wann wir im nächsten Hafen überhaupt einlaufen können und wie schnell wir bei den morgigen Windbedingungen unterwegs sein werden. Wir kennen unser Schiff inzwischen – ist von Vorteil:) Aus der Bucht, in der wir liegen, müssen wir auch noch ein paar Seemeilen raus. Anfangs halt noch etwas mit Gegenstrom….na ja, dann halt. Besser als eventuell am Zielhafen zu spät anzukommen. Alle sechs Stunden kippt das ganze System, ein Einlaufen bei Tageslicht wäre nicht schlecht, Segelzeit sind ungefähr sieben Stunden. Alles ausgerechnet, alles klar, wir laufen um 05.50 Uhr aus. Was?
Wir nutzen also wie alle anderen inzwischen wieder fast selbstverständlich die Tide um weiterzukommen. Mit Strömungen bis zu vier Knoten lief Svea selbst mit 12 bis 15 Knoten Amwind 7.5 over ground! Das Atlantikwetter fällt hier in der Bretagne direkt aus West ein und vor Irland und England braut sich oft einiges zusammen, was über den Nordaltantik reinkommt. Das Nordwetter herrscht also wieder und es gilt seit zwei Wochen sägle statt sünnele. Das Ölzeug ist keine Schutzkleidung für Schwerwetter mehr sondern unsere ganz normale Sportbekleidung. Wir tragen diese wie ich beim Schwimmsport die Brille und die Badehose. Nüt me Bikini und barfuess! Fertig mit pläuschle, jetzt ist wieder sägle und navigiere nach Schulbuch angesagt. Nix in der Kajüte am Chartetisch hocke, Filmli luege und die Kiste rauscht ohne ständige Sichtkontrolle durch die Wellen. Nein nein, jetzt sitzen wir im Cockpit und beobachten den wahnsinnigen Verkehr auf See. Frachter, Tanker, Berufs- und Freizeitfischerboote und noch diverse andere Segelboote, die sich ebenso wie wir die Tide als Lift zur Hilfe nehmen. Die Sicht ist durch das diesige Wetter nicht besonders gut, die Abstände zu den Schiffen eher klein, die Welle kurz und steil mit stetigen zwei Meter Höhe und der Wind je nachdem knackig oder fast flau. Also einfach ganz normales „Channel-Sailing“. Willkommen.
Unsere Karibikbräune kann nur noch unter der Dusche bewundert werden und verschwindet leider so nach und nach. Beim Landgang werden T-Shirt und Flipflops von langen Hosen, Pulli und eventuell sogar einer Windjacke abgelöst. Die Einheimischen springen nordisch hart ins Meer wenn die Sonne sich ein bisschen zeigt, doch beim sünnele sieht man hier niemanden. Kein Wunder es sind 18°! Seitdem wir von den Azoren angekommen sind können wir die Sonnentage an einer Hand abzählen. Es ist deprimierend. Unsere Freunde im Mittelmeer zerschmelzen in der Hitze, haben aber dafür kein Wind. Fragt sich, was besser ist.
Morgen müssen wir also wieder früh auf und dann heisst es einmal mehr sägle statt sünnele…! AHOI.